Berlin. Ich bin ja berufsbedingt viel unterwegs. Soldatenleben. Jedenfalls rede ich mir dies wohl oft ein Stück weit ein. Natürlich bin ich es auch berufsbedingt. Aber nicht nur. Genauer betrachtet bin ich sehr oft auch wegen des Unterwegsseins unterwegs. So ist das wohl, wenn zu Hause nur ein leerer Kühlschrank, Stille, Stillstand und ein leeres Bett auf einen warten. Also arrangiert man sich damit und plötzlich ist es ganz praktisch Freunde und Bekannte in verschiedenen Städten zu haben um das Unterwegssein zu rechtfertigen.
Inzwischen kann ich wohl sagen, dass ich das Unterwegssein immer weiter perfektioniert habe. War ich anfangs noch mit großem Koffer und Rucksack unterwegs, so reise ich inzwischen nur noch mit leichtem Gepäck. An den am meisten besuchten Orten habe ich inzwischen alles nötige für ein paar Tage deponiert. Zahnbürste, Handyladekabel, Schlabbergammelhose, schickes Hemd und Schuhe und ein paar gute Bücher. Was man eben so braucht. Alles doppelt und dreifach vorhanden. Alle gängigen Apps für öffentliche Verkehrsmittel und Mitfahrgelegenheiten sind auf dem Smartphone installiert, etliche Nummern von Taxiunternehmen eingespeichert, die Powerbank für unterwegs stets voll geladen.
Ebenso hat sich mein Umfeld anscheinend damit arrangiert. „Sag Bescheid wenn Du mal wieder da bist.“ – Standardsatz inzwischen. Mach ich dann auch. Mal schnell das Zugticket buchen, die Mitfahrgelegenheit klar machen, Fahrzeiten planen. Im Staus und Verspätungen mit einberechnen bin ich inzwischen auch ganz gut. Ich mag keine unpünktlichen Menschen und will es daher selbst nicht sein, wenn es sich vermeiden lässt. Eben noch kurz meinen drei Topfpflanzen einen Schluck Wasser geben (keine Ahnung wieso die überhaupt noch leben) und schon bin ich wieder on Tour.
Unterwegs sein um anzukommen. Oder zu flüchten. Irgendwie wohl beides.
Es wäre auch gelogen, würde ich behaupten ich würde es nicht genießen. Menschen beobachten im Zug zum Beispiel. Wöllte jemand Studien über zwischenmenschliches Verhalten betreiben, er sollte Zug fahren! Oder das Glück ein gutes Gespräch mit einer Mitfahrgelegenheit führen zu können, kurze Einblicke in die Leben wildfremder Menschen erhalten. Ganz so als würde man in einem riesigen Mietshaus hier und da für kurze Zeit eine Wohnungstür öffnen und hinein schauen. Manchmal spannend und unterhaltsam, manchmal fad und langweilig. Doch immer anders. Immer ablenkend.
Jedoch gibt es dann auch diese Momente die einen kurz zurück holen. Das Pärchen, dass sich zwischen all den hektisch aus dem Zug strömenden Menschen in die Arme fällt und für die Dauer eines innigen Kusses nur für sich die Zeit anhält und jegliche Hektik um sich herum vergisst. Oder der Mann mit Blumenstrauß der am Treffpunkt der Mitfahrgelegenheit schon seit einer Stunde sehnsüchtig auf sein Mädchen wartet während sie im Auto immer hibbeliger wurde vor Vorfreude auf ihn. Die Momente eben, in denen man daran erinnert wird, dass da niemand wartet und einem in die Arme fällt und bei all dem Unterwegssein sein noch kein Ankommen in Sicht ist.
Da sind mir leere Bahnsteige dann noch lieber. Lässt sich gut aushalten da mit einem guten Buch und etwas Melancholie.
Während ich den nächsten Zug in die nächste Stadt buche.
Streunerleben.
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