Sizilien. Nun ist es so weit. Also fast. Vergangene Woche hatte ich meinen letzten Arbeitstag. Zack! 7 Jahre vorbei. Geschichte. Noch eine Woche frei, wobei frei der falsche Ausdruck ist, Sachen packen, die Zweitwohnung fertig für die Übergabe machen, ein letztes Mal von Schleswig nach Leipzig fahren um da dann mein Auto final zu packen, mit allem, was ich denke, was ich in Italien brauche. (Winterklamotten also schon mal nicht) In Leipzig wiederum bin ich noch zu einer großen Geburtstagsfeier eingeladen und bei meiner Familie will ich ja auch irgendwie noch vorbei, um mich zu verabschieden. Not much time for all this shit.
Nebenbei steht mein Handy die letzten Tage kaum still. Geht’s jetzt los? Sehen wir uns nochmal? Du sagst doch noch tschüss, oder!?! Plötzlich will jeder noch ein letztes Bier, einen letzten Kaffee oder ein Abschiedsfischbrötchen essen.
Wer mich länger und besser kennt, weiß, ich bin mit knackigen 19 Jahren zum Bund gegangen. Was viele, auch die, die mich besser kennen, in all den Jahren oft nicht wirklich verstanden haben, ist: seitdem lebe ich quasi aus dem Koffer und auf der Autobahn. Ich bin der Besucher. Der, der immer anruft und sagt „Hey, ich bin am Wochenende mal wieder in XYZ, hast du Zeit?“. Ich bin der Besucher. Der, der eben ab und an mal da ist, aber von dem man nicht so wirklich weiß, was in seinem Leben eigentlich gerade Stand der Dinge ist. Warum? Weil keiner nachfragt, was so abgeht, wenn der Besuch wieder weg ist. Außer dem Scheiß, den der Besucher eben so auf Social Media teilt. Wie tiefgründig das ist, kann jeder erahnen, der meinen Humor kennt.
Was den Besuchten dabei nie in den Sinn zu kommen scheint, ist Folgendes:
Warum heißt es immer: “Wann kommst du mal wieder?” und nicht: “Wann können wir denn mal zu dir kommen?
Als Besucher sieht man sich dann oft auch dem immergleichen Smalltalk und den stets wiederkehrenden gleichen Fragen ausgesetzt. Zum Beispiel, ob man nicht langsam mal sesshaft werden möchte, und ganz wichtig: Kinder! Willst du nicht langsam mal an Kinder denken? Eine Frau finden, Familie gründen und so? Kürzlich schrieb mir jemand genau diese Frage. Ich antwortete schlicht: Nein, ich möchte keine Kinder. Ohne überhaupt zu hinterfragen, wieso ich diese Einstellung habe, wurde mir direkt entgegnet, wie schlimm meine Aussage ist und die Frage an den Kopf geworfen, weshalb ich Kinder nicht mögen würde.
Also lasst mich einmal klarstellen: Ich mag Kinder. Ich könnte nur nicht zwei auf einmal essen. Nein, im Ernst, ich habe nichts gegen Kinder. Mit einigen komme ich sogar richtig gut klar. Ich war den Sommer über auf einem dreimonatigen Lehrgang. Eine Lehrgangsteilnehmerin hatte ihre Tochter für die Zeit des Lehrgangs dabei. Die Kleine war wirklich großartig. Smarte junge Dame. Wenn dich eine 5-Jährige im Gespräch argumentativ an die Wand nagelt, musst du sie einfach mögen. Wir haben uns wirklich gut verstanden, ich mochte die Kleine sehr und dies ist nur ein Beispiel von Kindern, die ich mag.
Im Nachhinein betrachtet, mochte ich zum Bespiel auch die Tochter mein Ex mehr als meine Ex selbst. Die Kleine war wenigstens ehrlich. Riesen Pluspunkt den Kinder für sich verbuchen können, wie ich finde.
Na und mein Neffe und meine Nichte sind eh coole Kids, klar, liegt halt in der Familie. Gute Gene. Wat willste machen. Gibt ja auch genug verzogene Gören, wobei dies meist daran liegt, dass sie einfach Arschlocheltern haben. Muss man ja auch mal sagen.
Nun sind Kinder mögen und selber Kinder haben wollen aber zwei völlig verschiedene Paar Schuhe.
Ich bin viel zu egoistisch um Kinder haben zu wollen.
Seit über 20 Jahren bin ich quasi ständig unterwegs. Ein paar Jahre hier, ein paar Jahre da. Heimat blieb und bleibt der Hafen, in den ich doch immer wieder zurückkehre. Ein richtiges Zuhause jedoch gibt es nicht. Habe aber auch nicht das Gefühl ich bräuchte so etwas. Zumindest jetzt nicht.
Es ist mir auch jetzt wieder leicht gefallen, mich von meiner kompletten Wohnungseinrichtung zu trennen. Scheiß drauf, das sind nur Dinge, die man in leere Räume stellt. Gefühlt habe ich die Hälfte meiner Klamotten entsorgt und tausend andere Sachen dazu. Eben. Weil es auch nur Dinge sind.
Wie ich in meinem Text Das Herz in dir muss Heimat finden geschrieben habe, schließe ich es nicht kategorisch aus, einmal sesshaft zu werden, ein Carport zu bauen und die Hecke meines Grundstücks akkurat im Almanstyle zu schneiden. Wobei sesshaft werden ja keinesfalls automatisch bedeutet eine Familie zu gründen. Ist ja auch so ein Denkfehler den manche haben. Ähnlich verhält es sich mit dem Heiraten. Ein Konstrukt was mich so überhaupt nicht überzeugt. Ein Ring sie zu knechten, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden. Ach nee, das war Herr der Ringe. Wobei… Na ihr wisst schon. Wenn ich mich einmal entscheide keinen Sex mehr haben zu wollen, kann ich immer noch heiraten. Bis dahin lasse ich das mal lieber.
Solange es aber nicht soweit ist, wenn es denn überhaupt so kommt, will ich frei sein. Ich will jetzt entscheiden den Schlafsack ins Auto zu packen, nach Dänemark zu fahren, um dort in den Dünen am Strand zu pennen. Jetzt spontan beschließen einen Städtetrip zu machen ohne erst schauen zu müssen ob gerade Ferien sind weil das Kind ja zur Schule muss.
Oder mich eben dazu entscheiden, für ein paar Jahre nach Sizilien zu ziehen, um da zu leben und zu arbeiten. Ein Kind würde mich in der Freiheit meiner Entscheidungen also massiv einschränken. Für mich ist es ein unglaublich großes Gut und ich schätze es sehr nur mir selbst gegenüber verantwortlich zu sein. Genauso liebe ich es, an Wochenenden ausschlafen zu können. Liebe Eltern da draußen, mit welcher Regelmäßigkeit könnt ihr denn so ausschlafen? Ach guck, merkt ihr was?
Denjenigen, die jetzt um die Ecke kommen und sagen: „Hier hömma, dat kannste auch mit Kind alles machen!“ möchte ich gerne sagen – einen Scheiß kann man! Und wenn die Eltern da draußen ehrlich sich selbst gegenüber wären, würden sie mir recht geben. Fakt ist, Kinder limitieren die Freiheit der eigenen Entscheidung enorm. Dafür bin ich schlichtweg zu egoistisch.
Ja, aber wie stellst du dir denn dann dein Leben vor!?
Meist werde ich mit einer Mischung aus Unverständnis und Mitleid angeschaut, wenn ich dies jemandem auf seine Frage, warum ich keine Kinder möchte, antworte.
Danach folgt in der Regel der Satz: Ja, aber wie stellst du dir denn dann dein Leben vor!? So viel Impertinenz und Anmaßung in einer einzigen Frage, dass ich glatt kotzen möchte. Schließlich impliziert sie, mein Leben wäre nicht vollständig, nicht ausgefüllt und sowieso und überhaupt, ja auch gar nicht gesellschaftskonform. Man muss doch Kinder wollen! Diesen Quell ewiger Freude. Nun, ich könnte in diesem Moment meinem Gegenüber einfach eine Ordnungsschelle geben, denn offensichtlich wurde mir bei meinen Ausführungen überhaupt nicht zugehört, was ja aber auch wieder nicht gesellschaftskonform wäre, oder – ich drehe mich einfach um und gehe. Bei Optionen ändern nur leider nichts daran, dass ich offensichtlich nicht verstanden werde. Also antworte ich: mit Hund.
Dazu muss ich sagen, ich finde mein Leben und meine Lebensweise wirklich gut so wie sie sind. Schließlich kann ich ja auch alle Entscheidungen frei treffen. Natürlich gibt es den ein oder anderen Punkt der nicht bzw. noch nicht optimal ist. Aber hey, irgendwas ist ja immer. Weil ich mit manchen Dingen nicht zufrieden war, habe ich ja auch entschieden etwas zu verändern und nach Italien zu gehen. Die korrekte Frage sollte demnach lauten, wie ich mir mein Leben noch besser vorstellen könnte.
Nein, eine Frau ist da auch nicht die erste Antwort darauf. Sicher, eine passende Frau, die mit mir klarkommt wäre die Amarena Kirsche oben auf dem Sahnehäubchen des Eisbechers des Lebens. Wenn sie dann auch noch ein bisschen kinky drauf ist, wäre das quasi noch der Schokoladensplitter on top. However. Was viele nicht verstehen ist doch aber, die Wahl der Eiskugeln macht den Geschmack des Eisbechers aus. Erst wenn man da die für sich passende Auswahl gefunden hat, macht die Kirsche obendrauf überhaupt Sinn. Die tollste Kirsche der Welt macht schließlich aus einem Becher Scheiße kein Himbeereis.
Ich bin zufrieden mit den Kugeln, die ich für mich gewählt und mir erarbeitet habe. Würde aber gerne noch eine dazu packen. Ich hatte einen Großteil meines Lebens Haustiere. Die letzten Jahre nicht mehr. Aus Gründen. Das fehlt mir. Bei fast allem, was ich gerne mache, wäre einen Hund dabei zu haben nicht nur kein Problem, sondern für mich sogar eine Bereicherung. Gleichzeitig würde ich mir damit selbst so ein bisschen in den Arsch treten, da ein Hund einen zwingt aktiver zu sein. Mein Waschbärbauch würde es mir danken. Außerdem ist es ja so, im Gegensatz zu einer Frau freut sich ein Hund immer, wenn du nach Hause kommst.
Lieber einen Hund also. Lieber wäre mir auch, man müsste sich nicht immer rechtfertigen weshalb man keine Kinder möchte. Wer danach fragt und mit der Antwort nicht klar kommt, der möge doch einfach die Fresse halten. Denn umgedreht habe ich auch noch nie erlebt, dass sich jemand dafür rechtfertigen muss, dass er Kinder möchte. Wobei diese Frage bei manchen definitiv angebracht wäre.
That’s it! Jetzt geht´s nach Italien.
Wer weiß, vielleicht komme ich da ja auf den Hund.
Macht´s euch schön ihr Füchse.
Macht Liebe.
Macht Kinder.
Oder auch nicht.
PS: Haut gerne mal raus was ihr denkt, welche Hunderasse zu mir passt.
(Hätte ich die Wahl, wären es American Staffordshire oder Dackel. Ach eigentlich beide gleichzeitig.)
3 Comments
Hallo…manchmal ist die Technik ja echt verrückt aber mein Facebook Algorithmus meinte heute ich müsste dich kennen und Tatsache auch wenn es über 20 Jahre her ist kennen wir uns. 😅 Neugierig wie ich bin habe ich dann mal genauer hingeschaut und deinen Blog entdeckt. Die letzten 2 Stunden habe ich damit verbracht zu lesen. Hin und wieder musste ich echt schmunzeln und war positiv überrascht wie knallhart ehrlich du bist in deinen Geschichten. Findet man leider nur noch selten heutzutage. Bewahre dir das und lebe dein Leben. 😉 Ich wünsche dir alles Gute in Sizilien. Genieße dein Leben!!!
Ach übrigens ich wäre ja für einen American Staffordshire. 😀
LG Yvonne
Hast du mal “Into the Wild” gesehen? So fühle ich mich manchmal. Am Ende schreibt er: “Glück ist nur echt, wenn man es teilt…”.
LG, Marie aus V.
Natürlich habe ich Into the Wild gesehen. Großartiger Film.
Und er hat Recht. Glück ist nichts Dauerhaftes.
Glück sind all diese kleinen besonderen Momente.
Sie werden nicht echter wenn man sie mit jemandem teilen kann.
Ich glaube aber, sie werden wertvoller dadurch.
Wünschte mir sehr oft, ich könnte mehr dieser Momente teilen.
Sie wertvoller machen. Nicht nur für mich.